TKJ-Ehrenmitglied und Olympiasieger Walter Mahlendorf in Sarstedt

Von Jürgen Matz

 

Wie bereits gemeldet, trafen sich kürzlich Sarstedts erfolgreichster Sportler, Olympiasieger Walter Mahlendorf, und der Leiter des TKJ-Lauftreffs, Jürgen Matz, zu einem Gedankenaustausch.

Am späten Nachmittag des 8. September 1960 traf sich "halb Sarstedt" vor dem Fernseh-Geschäft Leclerque in der Steinstraße. Denn das wollten alle life im TV sehen: Um 18.10 Uhr erfolgte der Startschuss für die 4 x 100 m-Staffel bei den Olympischen Spielen in Rom mit dem Sarstedter Walter Mahlendorf als Kurvenläufer. Anders als heute gehörte damals ein Fernsehapparat keineswegs zur Grundausstattung einer Wohnung, bei Leclerque fand quasi ein "Public Viewing" statt. Der damals 11-jährige Verfasser dieser Reportage musste nicht in die Sarstedter Innenstadt gehen, seine Eltern gehörten zu den wenigen Sarstedtern, die bereits einen eigenen kleinen Fernseh-Apparat besaßen. Und der Lauf interessierte ihn vor allem deshalb, weil Walter Mahlendorfs Bruder sein Klassenlehrer im Jahr 1955  in der 1. Klasse der Grundschule in Sarstedt gewesen war.

Im Jahr 2015 feiert Walter Mahlendorf, Sarstedter Olympiasieger mit der 4 x 100 m - Staffel im Jahr 1960 in Rom, seinen 80. Geburtstag. Und Mahlendorf, Ehrenmitglied in den beiden Sarstedter Sportvereinen FSV und TKJ Sarstedt, kann ein weiteres Jubiläum feiern, denn im nächsten Jahr ist er seit 60 Jahren Vereins-Rekordhalter im Dreisprung beim TKJ Sarstedt. Als 20-Jähriger ist er 1955 den Vereinsrekord mit 14,44 m gesprungen.

Der Olympia-Sieger begann seine sportliche Karriere erst relativ spät als 15-Jähriger. Im Gespräch mit dem Sarstedter Anzeiger erinnert er sich daran, dass er beim TKJ insbesondere von Erich Scheel und Walter Schläger betreut und zu Wettkämpfen gefahren wurde. Als 17- und 18-Jähriger wurde er zweimal Deutscher Junioren-Meister im Dreisprung, im Jahr darauf hätte er gerne das "Tripple" geschafft, aber weil er verspätet zum Wettkampf erschien, verweigerte Oberkampfrichter Jall seine Teilnahme. "Den habe ich später noch mehrmals bei Wettbewerben getroffen", erinnert sich Walter Mahlendorf lachend, "und habe ihm gesagt, dass wir sicherlich niemals gute Freunde werden."

Im Alter von 20 Jahren wechselte Mahlendorf vom TKJ zu Hannover 96. Und dort wurde er vom Dreispringer dann zum Sprinter "umfunktioniert". Damals wurde zweimal in der Woche nach Feierabend trainiert. "Im Hauptbahnhof Hannover habe ich mich dann immer für die Anstrengungen des Trainings mit einer Bratwurst und einem kleinen Bier belohnt, bevor der Zug nach Sarstedt abfuhr", - das sei so eine Art Ritual gewesen, so der Olympiasieger.

Im Jahr 1958 wurde die deutsche Staffel mit Walter Mahlendorf, Armin Hary, Heinz Fütterer und Manfred Germar Europameister in Stockholm. "Es regnete wie beim Weltuntergang und die Aschenbahn stand total unter Wasser", erinnert sich Walter Mahlendorf.

Der Höhepunkt seiner sportlichen Laufbahn waren dann aber natürlich die Olympischen Spiele 1960. Im Vorfeld des Staffel-Wettbewerbes gab es ein wenig Stress. Während die ersten drei Läufer, Bernd Cullmann als Startläufer, Armin Hary auf der Gegen-Geraden und Walter Mahlendorf als Kurven-Läufer "gesetzt" waren, wurde der Schluss-Läufer lange in Frage gestellt: Heinz Fütterer hatte seine Karriere beendet, Manfred Germar lief in diesem Jahr nicht unbedingt in Top-Form, ins Gespräch gebracht wurde deshalb auch der Weitspringer Manfred Steinbach, doch letztlich entschieden sich die Verantwortlichen für den Zehnkämpfer und Hürdenläufer Martin Lauer.

Die deutsche Staffel egalisierte im Endlauf mit 39,5 Sek. den Weltrekord, allerdings waren damals Begriffe wie "Fördergelder" oder "Leistungsprämien" für Spitzensportler Fremdwörter. Für die Olympia-Sieger gab es nicht mehr als die anerkennenden Worte "Das habt ihr gut gemacht!". Aber Walter Mahlendorf bedauert das nicht: "Wir haben viel erlebt, auch wenn wir Dienst-Befreiung nur bei großen Wettkämpfen gewährt bekommen haben." Über Presse-Meldungen, dass ein deutscher Fußball-Torwart - ohnehin am Ende seiner aktiven Laufbahn - einen Vertrag als Ersatz-Keeper bei einem Bundesliga-Verein abgelehnt hat, weil er "nur" 25 000 Euro im Monat erhalten sollte, kann Mahlendorf nur den Kopf schütteln. Ohnehin sei der Stellenwert des Fußballs in den Medien viel zu hoch, andere Sportarten würden zu sehr vernachlässigt.

Nach einem Faszienriss in der linken Bauchdecke im Jahr 1961 hat Walter Mahlendorf seine Karriere als Leistungssportler relativ früh beendet. Der Beruf stand allerdings damals eh im Vordergrund: Er hat die Sporthochschule besucht und wurde danach von 1966 bis 1971 Kreis-Sportlehrer des Landkreises Hildesheim, bevor er als Sportdirektor nach Bochum wechselte, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 beruflich aktiv war. Sein Nachfolger im Landkreis Hildesheim war ebenfalls ein erfolgreicher Olympia-Teilnehmer: der Stabhochspringer Klaus Schiprowski, Silber-Medaillen-Gewinner bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko.

Obwohl er in Sarstedt noch ein Haus mit Garten besitzt, wird er seinen Lebens-Mittelpunkt weiterhin in Bochum haben: "Wir haben dort ein großes Haus gebaut und einen neuen Freundeskreis gefunden." Allerdings kommt er weiterhin zwei-, dreimal im Jahr nach Sarstedt, regelmäßig im Herbst zur Apfel-Ernte im Garten.

Die "Gold-Staffel" von 1960 trifft sich auch heute noch mitunter zu besonderen Anlässen. "Als Armin Hary im Jahr 1997 60 Jahre alt wurde, hat er uns zu einer Geburtstagsfeier in Rom eingeladen. Das passte zum Olympia-Sieg 1960 in Rom - und wir haben dort drei Tage lang gefeiert," erinnert sich Walter Mahlendorf. Und auch den 70. Geburtstag von Armin Hary hat das "Gold-Team" in der Nähe von München gemeinsam gefeiert.

Mit fast 80 Jahren hat auch ein ehemaliger Leistungssportler das Recht, "in Sachen Sport" kürzer zu treten: Walter Mahlendorf joggt einmal in der Woche "so um die 6 oder 7 Kilometer, mehr lässt mein Knie nicht zu, aber das ist ja immer noch besser, als gar keinen Sport zu treiben." Er läuft dann zusammen mit einem Freund und nach dem Lauf belohnen sich beide mit "Regenerations-Schwitzen" in der Sauna. Seine Knie-Probleme führt der Olympiasieger auf das Dreispringen am Beginn seiner Sportler-Karriere zurück.

Auch seine Staffel-Kameraden sind noch recht fitt. Allerdings haben sie sich im Vorjahr ein wenig Sorge machen müssen um Martin Lauer, der ja bekanntlich auch recht früh seine Karriere beenden musste nach einer Blutvergiftung, verursacht durch eine verunreinigte Spritze. Damals bestand sogar die Gefahr der Amputation eines Beines. Doch Lauer, der dann eine zweite Karriere als Schlager-Sänger startete und mit seinem Hit "Taxi nach Texas" den "Silbernen Löwen" von Radio RTL 1965 hinter Petula Clark mit "Down Town" gewann, war vor ein paar Jahren als Senioren-Sportler noch einmal in Sarstedt aktiv: Als Mitglied eines Leichtathletik-Teams aus Hamburg sammelte er Punkte bei der DAMM (Deutsche Alters-Mannschafts-Meisterschaft) - und das trotz Hüft-Problemen - als ehemaliger Zehnkämpfer stieß er die Kugel und warf er den Diskus halt aus dem Stand..... .

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